Informationsvermittlung in Zeiten des Kontaktverbotes

Interview

Die Informationsvermittlung bleibt wichtig. Zum einen geht es darum, über die Auswirkungen der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie auf die Windbranche zu informieren und wie man den Herausforderungen begegnen kann. Aber auch an den zukünftigen politischen Rahmenbedingungen für die Windbranche wird weitergearbeitet. Informationsvermittlung und Weiterbildung bleiben daher auch in diesen Zeiten ein wichtiger Baustein. Welche Herausforderungen damit für die Veranstaltungsabteilung des Bundesverbandes WindEnergie verbunden sind, dazu führte Nicole Weinhold, Chefredakteurin des Magazins Erneuerbare Energien, ein Interview mit Thorsten Paulsen, Leiter Veranstaltungen und Corporate Publishing und Gregor Weber, Senior Projektmanager Veranstaltungen & Digitales.

Weinhold: Aufgrund von Corona können ja derzeit keine Veranstaltungen stattfinden. Wie geht der Weiterbildungs- und Veranstaltungsbereich des BWE damit um?

Paulsen: Der Veranstaltungsbereich hatte für 2020 rund 70 Seminare, Konferenzen und Branchentage im Jahresprogramm. Bei dem überwiegenden Teil müssen wir davon ausgehen, dass die nicht mehr durchgeführt werden können. Großveranstaltungen haben wir bis auf weiteres komplett abgesagt. Die Folge ist, dass wir unserem Informationsauftrag für die Branche so nicht mehr erfüllen können.

Weber: Die Herausforderungen für die Windbranche bestehen natürlich fort. Anlagen werden weiter betrieben, Fristen müssen eingehalten und Herausforderungen wie der Weiterbetrieb nach EEG-Vergütung gemeistert werden. Die Branche ist auf aktuelles Wissen und den Austausch mit Expertinnen und Experten angewiesen – jetzt erst recht.

 

Weinhold: Wie haben Sie auf diese Situation reagiert?

Paulsen: Uns ist es wichtig, diesen Austausch auch weiterhin zu gewährleisten. Wir blicken dabei auf unsere Erfahrungen der letzten Jahre mit Online-Veranstaltungen und haben diese Konzepte weiterentwickelt. Der Schritt zur BWE WebAkademie war da nicht mehr weit. Und mit Gregor Weber, Senior Projektmanager und bisher unter anderem verantwortlich für Digitales, haben wir einen exzellenten Mann, der die bisherige Qualität unserer Veranstaltungen auch in Online-Schulungen und WebEvents überführen kann.

 

Weinhold: Welche Veranstaltungen werden von Euch jetzt online umgesetzt?

Weber: Wir können fast unser gesamten Programm von knapp 100 Veranstaltungen im Jahr digital umsetzen und starten gerade die BWE WebAkademie. Wenige Seminare mussten wir vorerst absagen um den Betrieb umzustellen, aber bereits nach den Osterferien finden schon die nächsten Veranstaltungen online statt. Während es bei uns bislang weitestgehend maximal zweistündige Webinare gab, bieten wir jetzt auch noch WebSeminare, WebPraxistage und WebEvents an. Das wir dies kurzfristig professionell und in hoher Qualität umsetzen können, haben wir bereits bewiesen. So haben wir innerhalb von drei Tagen einen Praxistag zur kürzlich verabschiedeten Pflicht zur Ausstattung mit Systemen zur Bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung umgesetzt. Über 100 Teilnehmer haben an dem ersten WebPraxistag teilgenommen. Nachdem wir entschieden hatten, die Veranstaltung online durchzuführen, kamen sogar noch neue Anmeldungen rein. Viele begrüßten diesen Schritt, da sie die Informationen dringend benötigten. Die Referentinnen und Referenten waren alle per Videoübertragung zu sehen und konnten ihre Folien zeigen, zahlreiche Teilnehmerfragen konnten beantwortet werden und auch die Diskussionsrunden konnten wie geplant stattfinden. Das Feedback war super. Praktisch alles wie auf einer Präsenzveranstaltung. Nur den Kaffee musste man sich selber kochen. Am nächsten Tag setzten wir bereits unser erstes online durchgeführtes Seminar reibungslos um.

 

Weinhold: Bleiben die bisherigen Termine somit weitestgehend bestehen?

Weber: Ja, fast alle Veranstaltungen werden online durchgeführt. Unsere Seminare haben wir auf die Durchführung als ein- bis zweitägige WebSeminare optimiert. Das geht mit einer Umstellung für Teilnehmer wie für Referenten einher, da diese die anderen Teilnehmer vorerst nur hören, zu denen sie sprechen. Aus dem Grund haben wir uns entschlossen die Teilnehmerzahl auf 25 zu begrenzen und somit die größtmögliche Interaktion zwischen Referenten und Teilnehmern zu ermöglichen. Umstrukturierung ging nicht zuletzt aufgrund der hohen Bereitschaft unserer Referentinnen und Referenten so gut, dass wir fast alle Seminare nun als WebSeminare anbieten können. Die anstehenden Veranstaltungen sind wie gewohnt auf bwe-seminare.de zu finden.

 

Weinhold: Woher weiß ich als Teilnehmerin, dass das für mich so funktioniert – technisch und auch von der Darreichungsform? Kann man das vorher irgendwie ausprobieren?

Weber: Wir benutzen GoToWebinar als technische Plattform. Damit haben wir gute Erfahrungen gemacht. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer melden sich wie gewohnt über unsere Website an und bekommen dann eine E-Mail mit dem Anmeldelink. Da klickt man dann drauf, installiert mit einem zweiten Klick ein Plug-In und schon ist man dabei. Lediglich ein bis zwei Prozent haben gegebenenfalls technische Probleme, die wir aber in den meisten Fällen kurzfristig lösen können. Da kommen uns die Erfahrungen aus über fünfzig erfolgreich durchgeführten Webinaren sehr zugute. Die Teilnahme per App auf dem Handy oder Tablet funktioniert übrigens auch sehr gut und man ist nicht an den Schreibtisch gebunden. Zu weit sollte man sich jedoch nicht vom Router entfernen, wenn man über WLAN verbunden ist. Wir sind ja stets Live um den Austausch mit den Teilnehmern zu ermöglichen, da ist ein konstanter Datenstrom natürlich wichtig. GoToWebinar bietet auch einen automatischen Technikcheck an. Darüber hinaus bieten wir regelmäßig Test-Webinare an, bei denen alle Funktionen getestet werden können und wo wir mit technischem Rat zur Seite stehen. Ein Großteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist aber bereits über unsere Webinare mit der Nutzung des Systems vertraut. Knapp 70 Prozent gaben in einer Kurzumfrage beim Praxistag an, bereits vorher an einem BWE-Webinar teilgenommen zu haben. Das hat uns sehr gefreut.

Bei den WebSeminaren werden wir neben den bisherigen Interaktionsmöglichkeiten über den Chat und die Umfragen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch über Audio und gegebenenfalls Video einbinden. Somit kann man noch besser an den Diskussionsrunden teilnehmen und wer will, kann sich in den Pausen mit den anderen Teilnehmenden austauschen.

 

Weinhold: Gibt es auch Veranstaltungen die nicht webtauglich sind? Worauf kommt es da an?

Weber: Einige wenige Veranstaltungen müssen wir noch auf ihre Durchführbarkeit prüfen. Wir vermitteln ja nicht nur Wissen über Vorträge, im Rahmen unserer Seminare gibt es auch Exkursionen, praktische Versuche und Workshops. Auf unseren Einsteigerseminaren sollen Branchenneulinge auch erste externe Kontakte für ihren Einstieg in die Branche treffen. Da müssen wir noch schauen, ob und wie wir da eine Durchführung umsetzen können. Wir fassen natürlich jede Veranstaltung einzeln an und schauen, ob diese für die online Durchführung angepasst werden müssen. Einschränkungen werden wohl unsere beliebten Windbranchentage treffen. Den Dialog mit der Landespolitik bekommen wir bestimmt hin, aber die dortige Atmosphäre für den persönlichen Kontakt werden wir kaum digital ermöglichen können. Das werden wir dann nachholen, wenn sich die Situation entspannt hat.

 

Weinhold: Aktuell versuchen sich ja viele Unternehmen und Organisationen an Online-Angeboten, worin unterschiedet Ihr Euch?

Weber: Als Weiterbildungseinrichtung des BWE haben wir einen exzellenten Zugang zu Informationen. Trotz Homeoffice stehen wir in engem Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen. Gerade aus den Fachgremien erfahren wir dadurch sehr früh, wo in der Branche der Schuh drückt und wo Informationsbedarf besteht. Darauf können wir dann direkt reagieren. Bei uns kommen die Top-Leute der Branche zusammen und wir haben viele erfahrene Referentinnen und Referenten, die uns auch jetzt tatkräftig unterstützen. Als BWE haben wir auch oft einen besseren Zugang zu Behörden und Ministerien, die dann bei uns ihre Arbeit vorstellen und ihre Positionen mit der Branche diskutieren. Gerade kontroverse Themen können wir somit gut aus verschiedenen Blickwinkeln ausleuchten.

Paulsen: Als führender Anbieter für Weiterbildung und Informationsveranstaltungen in der Windbranche konnten wir schon viele Teilnehmer von der Qualität unserer Seminare überzeugen. Diese Qualität setzen wir auch online um. Ich denke das spricht für uns. Das hat natürlich auch seinen Preis. Unsere Einsparungen bei der Verpflegung geben wir direkt weiter. Die Qualität der Inhalte und die Organisation bleibt aber weitestgehend dieselbe. So kommen z.B. die Techniktests mit Teilnehmern und Referenten neu hinzu und unsere Projektmanager betreuen auch die WebVeranstaltungen ganztägig. Dieser Servicegedanke hat uns schon immer ausgezeichnet.

 

Weinhold: Was steht jetzt als nächstes größeres Projekt an?

Weber: Neben dem Start all unserer neuen Formate, bereiten wir gerade einen WebPraxistag zu den Auswirkungen von Corona auf die Windbranche vor, der am 15. April stattfinden wird. Durch Corona sind zahlreiche Abläufe in der Windbranche betroffen und es gibt so einige regulatorische Änderungen seitens der Behörden. Da sind wir natürlich wieder gefragt zu informieren und den aktuellen Stand zu den Auswirkungen zu diskutieren.

Paulsen: Wir werden uns auch frühzeitig intensiv mit der Zeit nach der Corona-Pandemie beschäftigen. Die BWE WebAkademie wird ein fester Bestandteil unseres zukünftigen Weiterbildungs- und Informationsangebotes. Das muss natürlich gut zu den Präsenzveranstaltungen abgestimmt sein, die auch weiterhin einen wichtigen Platz haben werden. Auch wenn Deutschland gerade einen Digitalen Boom erlebt.

 

Weinhold: Vielen Dank